Aktuelles Deklaration

Deklaration ‐ was uns der Futtersack über das Futter sagt

Sucht man das richtige Futter für sein Pferd, ist es gut, nicht nur auf die beschreibenden Herstelleraussagen auf dem Sack „angewiesen“ zu sein, sondern das Futter auch selber anhand der Deklaration einschätzen zu können.


Zu den „allgemein zwingenden Kennzeichnungsanforderungen“ gehört laut Gesetz neben der Tierart, für die das Futter gedacht ist, zunächst die Bezeichnung des Futtermittels (Futtermittelart):

 

Einzelfuttermittel: Das sind die wichtigsten einzelnen „ Futter‐Rohstoffe“, aus denen die Hersteller z.B. ein Müsli zusammenstellen. Sie sind im  Futtermittelkatalog der EU (VO 575/2011) aufgelistet. Details zur Reinheit, Beschaffenheit und der anzugebende Name des Einzelfuttermittels sind darin genau festgelegt. Solche Einzelfuttermittel kauft auch der Endkunde wenn er z.B. eine Charge Heu ordert oder einen Sack Hafer, Rübenmelasseschnitzel, Weizenkleie oder eine Flasche Rapsöl besorgt.

 

Ergänzungsfuttermittel: Ein klassisches Beispiel dafür ist das Müsli, gemischt aus Getreideflocken und bedarfsdeckenden Mineral‐Vitamin‐Pellets. Im Prinzip ist aber jedes Futter, das aus mindestens 2 Einzelfuttermitteln gemischt ist, ein Ergänzungsfuttermittel, wenn es den Tagesgesamtbedarf eines Pferdes nicht komplett decken kann (siehe „Alleinfuttermittel“), sondern nur als „ergänzender“ Anteil einer Ration gefüttert wird. Im genannten Beispiel ergänzt das Müsli die Tagesmenge Heu.

 

Alleinfuttermittel: Dieses Futter würde den Tagesgesamtbedarf eines Pferdes decken. In diesem Futter wäre bereits das Heu enthalten, das Mineralfutter und bei Bedarf noch Energiekomponenten wie z.B. Getreide oder Öl. Es ist schwierig ein solches Alleinfutter homogen und gleichmäßig zu mischen, weshalb man bei uns üblicherweise das Einzelfuttermittel Heu füttert und die Ration mit Ergänzungs‐, Einzel‐ oder/und Mineralfuttermitteln ergänzt.

 

Mineralfuttermittel: Der Unterschied zum „Ergänzungsfuttermittel“ liegt einzig im Rohasche‐Gehalt. Ein Mineralfuttermittel muss mindestens 40% Rohasche enthalten.

 

Diätfuttermittel: Diese Futtermittel haben nichts mit Abnehmen oder Gewichtsreduktion zu tun, sondern sie sind für einen speziellen Ernährungszweck vorgesehen. Es gibt eine vom Gesetzgeber klar vorgegebene Anzahl Spezial‐Ernährungszwecke beim Pferd. Nur wenn das Futter diese laut Gesetz Zweck‐definierten Eigenschaften aufweist, darf es der Hersteller als „Diätfuttermittel“ ausweisen.

 

Die Zusammensetzung des Futters ist die nächste wichtige Angabe der Deklaration. Alle verwendeten Einzelfuttermittel eines Futtermittels müssen angegeben werden. Die Komponenten werden dabei in absteigender Reihenfolge aufgeführt. Dabei hat der Hersteller die Möglichkeit, die Zusammensetzung „offen“ (mit %‐Angabe) oder so genannt „halb‐offen“ (ohne %‐Angabe) deklarieren.

 

Mit etwas Vorwissen, kann der Kunde die ungefähren %‐Gehalte der Komponenten auch bei halboffener Deklaration anhand der „analytischen Bestandteile und Gehalte“ beurteilen (siehe unten).Für ein Ergänzungsfuttermittel, wie z.B. das Müsli, sind die folgenden analytischen Bestandteile und Gehalte verpflichtend anzugeben: Rohprotein, Rohfaser, Rohfett, Rohasche, Calcium, Phosphor, Natrium.

 

Zusatzstoffe (z.B. Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren, Enzyme etc.) sind dann zwingend anzugeben, wenn bei einer beliebigen Tierart ein Höchstgehalt festgelegt ist. Dies ist der Fall bei Vitamin A, Vitamin D3 und bei den  Spurenelementen Eisen, Kupfer, Zink, Mangan, Cobalt, Jod und Selen. Auch die so genannten „zootechnischen Zusatzstoffe“, also z.B. ein eingemischter Lebendhefe‐Stamm, müssen angegeben werden. Diese Zusatzstoffe müssen je mit ihrer genauen amtlichen Bezeichnung (incl. E‐Nummer) angegeben werden.

 

Erklärung E‐Nummer: Alle von der EU zugelassenen Zusatzstoffe sind mit einer so genannten „E-Nummer“ registriert. Dazu gehören auch Aroma‐, Farb‐ und Konservierungsstoffe, weshalb ENummern häufig negativ in den Köpfen assoziiert werden. Aber auch alle ernährungsphysiologisch wichtigen Stoffe, wie Spurenelemente, Vitamine oder z.B. Lebendhefe‐Stämme tragen diese E-Nummer, die einzig bedeutet, dass die Stoffe das kritische Zulassungsverfahren der EU  durchlaufen haben und von der EU zugelassen und registriert sind.

 

Natürlich müssen zudem das MHD, die Chargennummer („Kennnummer der Partie“), das Gewicht, Fütterungshinweise, der Inverkehrbringer des Futters etc. lesbar deklariert werden. Wirbt der Hersteller in Wort oder Bild mit einem speziellen Inhaltstoff, einem Gehalt oder einer Komponente, muss auch dieser Wert zwingend deklariert werden.

 

Alle Gehaltsangaben darüber hinaus, wie z.B. Magnesium, Vitamin E, die B‐Vitamine, Aminosäuren, etc. gibt der Hersteller freiwillig an und liefert den Kunden dadurch mehr Service und Transparenz. Dadurch wird er aber auch verstärkt nachprüfbar, denn die Einhaltung der deklarierten Werte wird sowohl von den  amtlichen Futterüberwachungsbehörden, als auch von privaten Einrichtungen wie z.B. dem „Verein Futtermitteltest e. V.“ (VFT) laufend kontrolliert.

 

Beim Pferd durfte die Energieangabe und der Gehalt an „verdaulichem Rohprotein“ bislang nicht auf dem Sack deklariert werden, da zwar gängige Rechenformeln vorhanden sind, diese aber nicht als „amtlich nationale Rechen‐Methode“ anerkannt sind. Deshalb geben die Hersteller diese wichtigen Angaben meist in den beschreibenden Dokumenten (z.B. Katalog) an, wo es von den Behörden eher toleriert wird.

 

Wie genau ermittelt der Hersteller nun aber seine deklarierten „analytischen Bestandteile und Gehalte“ und was verraten sie dem Kunden über das Futtermittel? Anhand welcher Kriterien wählt man nun aus dem großen Angebot für sein Pferd das richtige Futter aus?


Zunächst muss man sich grundsätzlich fragen: Was macht einen „Stoff“ zum Nahrungsmittel? Woher wissen wir denn, dass ein Apfel oder Hafer im Vergleich zu einem Stein oder zu einem Stück Holz einen so genannten „Nährwert“ besitzt? Alle Vier sind aus chemischen Verbindungen aufgebaut. Aber der Unterschied liegt im Gehalt solcher chemischer Verbindungen, die der Körper zum Erhalt seiner Funktionen nutzen kann, die den Körper also „ernähren“. Die nutzbaren chemischen Verbindungen nennt man deshalb „Nährstoffe“.


Die Hauptnährstoffgruppen unterteilt man in: Kohlenhydrate, Protein und Fett, zudem noch Wasser, Mineralstoffe, Spurenelemente, Vitamine…

 

Die genauen Gehalte werden im Labor mittels so genannter “Weender Analyse“ ermittelt: Ein Kilogramm des Futters wird zunächst mit definierter Temperatur und Zeitdauer getrocknet. Verdampft ist das so genannte „Rohwasser“, was übrig bleibt ist die so genannte „Trockensubstanz“. Im nächsten Schritt wird diese Trockensubstanz unter kontrollierten Bedingungen verbrannt. Vereinfacht kann man sagen, dass dabei alle Stoffe, die Energie enthalten haben, verbrannt sind. Der unbrennbare Rest ist die so genannte Rohasche (Mineralstoffe, Spurenelemente), näherungsweise ein Richtwert des Mineralstoffgehalts des Futters.


Aus der Trockenmasse wird dann jeweils das Rohprotein (alle stickstoffhaltigen Substanzen), das Rohfett (alle im Fettlösungsmittel Ether löslichen Stoffe) und die Rohfaser (alle komplex aufgebauten Kohlenhydrate wie z.B. Cellulose oder Lignin) bestimmt. Die Differenz sind dann noch die „NfE“, die (N=Stickstoff) N‐freien Extraktstoffe. Dazu zählen alle einfach aufgebauten Zuckerverbindungen, sowie die Stärke (der Speichermehrfachzucker im Getreide) und auch lösliche Ballaststoffe wie Pektine oder Inulin.


So, wie beim Verbrennen in der Analyse‐Methode, „verbrennt“ auch der Körper die Kohlenhydrate und Fette hauptsächlich zum Energiegewinn. Protein ist dagegen eher ein Baustoff und wird nur im ungünstigen Fall (bei starkem Energiemangel) als Energiesubstrat „eingeschmolzen“.

 

Ein paar pauschal formulierte Grundsätze können Orientierung für die Deutung der Deklaration geben:

  • Je mehr Rohfett und Getreide (also Stärke‐Kohlenhydrate) ein Futter enthält, desto energiereicher ist es.
  • Je mehr Rohfaser ein Futter enthält, desto weniger Energie liefert es.
  • Ist viel Rohasche enthalten, kann das je nach Futter differenziert betrachtet werden: im Müsli kann das z.B. auf eine konzentrierte und hochwertige Mineralisierung hinweisen. Im Heu aber auch z.B. auf schlechte, verschmutzungsreiche Erntebedingungen.
  • Je mehr Getreide / Getreideprodukte in einem Futter sind, desto mehr Kohlenhydrate enthält es, denn umso Stärke‐reicher ist es. (Stärke ist ein Mehrfachzucker, bzw., einSpeicherkohlenhydrat, das die Getreidepflanze im Korn ablagert). Dabei liefern die Getreidearten unterschiedlich viel Stärke: Mais (60%) > Gerste (50%) > Hafer (40%). Zudem muss beachtet werden, dass nur Hafer als ganze Körner in größeren Mengen gefüttert werden kann. Gerste und Mais sind dagegen nur im aufgeschlossenen Zustand (also als Flocken oder Popp‐Getreide) leicht für ein Pferd verdaulich.
  • Ein Futter ohne Getreide kann auch reichlich Energie liefern: in dem Fall aus Fasern und Fett
  • Protein, bzw. Eiweiß ist längst rehabilitiert, als i.d.R. NICHT verantwortlich für die gefürchtete Hufrehe. Futtermittel mit einem Proteingehalt um die 10% sind für ein Freizeitpferd völlig in Ordnung. Bei erhöhtem Proteinbedarf (Muskelaufbau, Wachstum, späte Trächtigkeit oder Laktation) sind höhere Gehalte (> 15%) wichtig und es ist auf hohe Proteinqualität zu achten (siehe unten).
  • Eine hohe, konzentrierte Mineralisierung/Vitaminisierung ist wünschenswert, damit die Gesamtkraftfuttermenge niedrig bleiben kann. (Beispiel siehe unten)
  • Auch die Höhe der Fütterungsempfehlung (Bsp. Müsli) lässt erkennen, wie hoch mineralisiert/vitaminisiert ein Futter ist. Vernünftige Tagesmengen von 1,5 ‐ 2 kg sollten beim Freizeitpferd nicht überschritten werden müssen.

 

Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht, wie man die „Wertigkeit“ eines Müslis anhand der Vitaminisierung einschätzen kann:
Der Tagesbedarf eines Warmblutpferdes mit 550 kg an Vitamin E liegt bei leichter sportlicher Belastung etwa bei 1500 mg. (10 mg/kg Stoffwechselmasse [550kg^0,75] GfE 2013). Je älter das Heu, desto weniger natives Vitamin E ist enthalten. Geht man von 10‐20 mg Vit E/kg Heu aus, bekommt das Pferd bei 7 kg Heu 70‐140 mg Vit E aus dem Rauhfutter. Der Rest muss folglich über ein Müsli oder ein Mineralfutter abgedeckt werden. Bei realistischer Müslimenge für ein normalfuttriges Freizeitpferd von 1,5‐2 kg/Tag sollte das Müsli also mehr als 300 mg Vit E/kg aufweisen. Ansonsten müsste die Differenz über ein zusätzliches Mineralfutter ausgeglichen werden.

 

Nachfolgend zwei Beispiele für die konkrete Futtersuche.

  1. Ein leichtfuttriges, übergewichtiges Freizeitpferd, dem man zur Belohnung 2‐3 Handvoll Trogfutter geben möchte:
    übergewichtige Pferde entwickeln häufig eine mehr oder weniger ausgeprägte Insulinresistenz und sollten daher wenig Zuckerstoffe, also Kohlenhydrate bekommen, die den Blutzuckerspiegel schnell steigen lassen und somit die Insulinausschüttung fördern. Wichtig ist deshalb ein melassearmes/‐freies Futter mit gleichzeitig wenig oder komplett ohne Getreide, damit der Anteil an leicht verdaulichen Kohlenhydraten möglichst gering ist.
    Zudem sollte das Futter energiearm sein, das wäre es etwa <= 10 MJ DE. Dies können nur Futtermittel mit hohem Rohfasergehalt (>15%) und mit möglichst wenig Rohfett (<5%) sein. Damit auch 2‐3 Handvoll Futter schon eine gewisse Versorgung mit Mineralien und Vitaminen gewährleisten, ist eine hohe Mineralisierung wünschenswert (z.B. >500 mg Vitamin E).

    Auch die Zuckergehalte im Weidegras (z.B. Fruktane) und Heu sind bei solchen Pferden kritisch zu prüfen. Eine Portions‐/Stundenweide und/oder Heu vom sehr späten 1. Schnitt sind empfehlenswert. Das Wichtigste für diese Pferde ist aber, dass sie viel bewegt werden und bestenfalls abnehmen. Die Insulinresistenz kann dadurch deutlich verbessert werden!

    Wenn der Hersteller nur halb‐offen deklariert, kann der Kunde aus der Zusammensetzung herauslesen, ob Getreide enthalten ist. Wenn Getreide erst an einer der letzten Stellen der Komponenten steht, sind die enthaltenen Mengen eher gering. (Cave: Kleien, wie z.B. Haferschälkleie oder Weizenkleie sind die Getreide‐Schalen und enthalten so gut wie keine Stärke, daher in diesem Kontext auch kein Problem!).
  2. Ein Sportpferd mit mittlerer Arbeit, nimmt leicht ab, fällt nach dem Turnier ein, hat brüchige Hufe:
    Ab Kraftfuttermengen von 3 – 4 kg/Tag ist es ratsam, einen Teil der Kohlenhydrate der Ration durch Fett zu ersetzen (öl‐haltige Sportmüslis und zusätzliche Öl‐Zufuhr als Top‐up). Grundsätzlich gilt, dass die Tages‐Kraftfutterration mindestens in zwei, besser in drei Teilportionen gefüttert wird!
    Das gefütterte Getreide kann ‐ neben ganzem Hafer ‐ ein Gemisch aus aufgeschlossenen Gersten‐ und Maisflocken (hydrothermisch flockiert oder auch Popp‐Getreide) sein.

    Das Futter sollte insgesamt energiekonzentriert (>13 MJ DE) sein, mit einem erhöhten Rohfettgehalt (> 8‐10 %), denn dann kann man davon ausgehen, dass mindestens 3‐4% Öl eingemischt sind.

    Da das Pferd leicht abnimmt und „einfällt“ ist zudem auf eine hohe Proteinqualität zu achten! Die Proteinqualität definiert sich aus einem hohen Anteil essenzieller Aminosäuren. Enthaltene Komponenten wie Bierhefe oder Sojaextraktionsschrot garantieren diese hohe Wertigkeit. Sie ist aber noch höher, wenn der Hersteller Aminosäuren in Reinform (z.B. LLysin, DL‐Methionin, L‐Threonin) zusetzt.

    Gerade auch die schwefelhaltige essenzielle Aminosäure „Methionin“, aber auch erhöhte Kupfer‐ (>25 mg), Zink‐ (>200 mg), Vitamin A und gewisse Biotin‐Zugaben, sowie die Zufuhr von Kieselsäure wären in diesem Fall für die Unterstützung der Hufe wichtig. Ein hoher Anteil an Antioxidanzien (Vitamin E > 500 mg und Selen >0,6 mg) sind zudem charakteristisch für ein geeignetes Hochleistungsfutter.

 

Quelle: Marstall